Glücksspiel ist das lukrative Stiefkind der Unterhaltungsindustrie. Es gibt nicht viele Freizeitbeschäftigungen, die so polarisieren wie das Glücksspiel. Für die Einen legitimes Hobby, für die Anderen der Anfang vom finanziellen Ende. Doch wie geht man als Gesetzgeber mit diesem Thema um?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass online Casinos sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Das gängige Klischee wird so umgangen. Weg von schmuddeligen Spielotheken, in denen sich zwielichtige Gestalten die Zeit vertreiben. Nach Hause, gemütlich auf die Couch, oder aktuelle Angebote sogar mobil auf dem Smartphone. Jederzeit verfügbar, unkompliziert zu bedienen und in privater Atmosphäre.
Staatsvertrag als Regulator des natürlichen Spieltriebes
Aktuell ist nur in Schleswig-Holstein Onlineglücksspiel erlaubt und ist somit das einzige Bundesland, welches Lizenzen vergibt. Ab 2021 soll eine neue Behörde, die für zentrales Glücksspiel, mit Sitz in Sachsen-Anhalt dafür zuständig sein. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz haben die Regulierungschefs der Länder einen neuen Glücksspielstaatsvertrag beschlossen, welcher am 01. Juli 2021 in Kraft treten soll. Im wesentlichen beinhaltet dieser Beschluss 5 wichtige Punkte.
Zum Ersten, das Entstehen von Spiel- und Wettsucht zu verhindern und eine Basis zur wirksamen Suchtbekämpfung zu schaffen. Geeignete Alternativen, zu illegalen Plattformen zu bieten und so auch der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen auf Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten. Vor betrügerischen Machenschaften zu schützen und die mit Glücksspielen verbundene Begleitkriminalität zu minimieren. Zuletzt um die Gefahren, für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs beim Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten vorzubeugen.
Weitere detaillierte Beschränkungen sind unter anderem, dass Spieler mit Selbst- oder Fremdsperre in einer separaten Datei erfasst werden sollen. Auch ist ein 1000€ Einzahlungslimit für Spieler festgesetzt worden, welches den monatlichen maximal Rahmen vorgibt und nicht überschritten werden darf. Desweitern ist eine Einschränkung der Werbung für Onlineglücksspiel vorgesehen. Die Ausstrahlung von Werbespots zwischen 6 und 21 Uhr, welche Reklame für virtuelle Automatenspiele, Onlinepoker und Casinospiele soll verboten werden.
Auch Sport- und Livewetten, die vor allem das männliche Publikum anlocken werden stärker beschenkt. So darf nur noch auf Ergebnisse gesetzt werden, die Bestandteil eines Endergebnisses sind. Dies gilt für Sportarten mit einer geringen Gesamtzahl an Punkten bzw. Toren, wie zum Beispiel Fußball, Hockey oder Volleyball. Echtzeitwetten auf Sportarten wie Tennis oder Basketball deren Ergebnisse oft sehr hoch ausfallen und somit die Chance, den exakten Tipp, abgeben zu können expotenziell gering sind dürfen nicht mehr angeboten werden.
Gewinn vs. Moral
Das Geschäft mit Onlinecasinos boomt. Die Besitzer von Internet-Glücksspielen erwirtschaftete 2017 einen Jahresumsatz in Milliardenhöhe. Experten gehen davon aus, dass dies noch lange nicht das Ende sei. Sie prognostizieren, dass online Spiele, wie zum Beispiel Poker und virtuelle Automatenspiele bis 2025 weltweit ein Geschäftsvolumen von 70 Milliarden Euro erzielen könnten. Ein dicker Kuchen, von dem, wie Kritiker zu bedenken geben, auch die Bundesregierung ein Stück abhaben möchte. Eine Allianz von unterschiedlichen Verbänden verurteilt die Liberalisierung und werfen den Ministern der Länder drastische Defizite bezüglich des Spielerschutzes vor. In einem Brief an die Regierungschefs heißt es, dass wirtschaftliche Interessen und Staatseinnahmen über Einzelschicksale und das Gemeinwohl gestellt werden würde.
Suchtberater kritisieren, dass sich der Markt des online Glücksspiels durch die per Staatsvertrag beschlossenen Maßnahmen von Einschränkungen befreit und so noch mehr Anbieter auf den Plan ruft. Diese werden zu einem noch größeren Angebot und somit zu noch mehr Suchtgefahren führen. Auch die neu vereinbarten Werberichtlinien gehen Suchtforscher und Berater nicht weit genug. Verbote für Werbung von zum Beispiel Sportwettenanbietern auf Trikots würden wahrscheinlich die gleiche Wirkung zeigen wie das Verbot von Alkohol.
Meist ist bei neuen Verboten jedoch auch eine Lobby vorhanden, die Umsatzeinbußen zu befürchten hat. So zeigt sich der Präsident des deutschen Sportwettenverbands besorgt. Durch die bevorstehenden Einschränkungen der Livewetten könne nur noch ein Wettvolumen von 30% angeboten werden. Das würde Einbußen von drei bis vier Milliarden Euro jährlich bedeuten. Im vergangenen Jahr lag der deutsche Gesamtwetteinsatz bei einem Rekordwert von 9,3 Milliarden Euro und das, ohne ein Großevent wie eine Europa- oder Weltmeisterschaft. Wenn in Zukunft die Einschränkungen in den Augen der Spieler zu groß werden, könnte der Umsatz einbrechen, was wiederum auch Auswirkungen auf den Sport direkt haben könnte. Da Sportler im weiteren Sinne, in Form von Sponsorengeldern, von den Wetten profitieren.
Und die Moral von der Geschicht´? Die Einen spielen, die Anderen nicht.
Egal ob analog in Spielotheken oder virtuell, an Automaten oder bei Sportwetten, dass der Erfolg von Glücksspielen vom Zufall abhängt, ist jedem, der schon einmal damit Erfahrungen gemacht hat bekannt. Natürlich sollte dafür ein rechtlicher Rahmen gegeben sein, um Spieler zu schützen und eventueller Kriminalität keine Plattform zu bieten. Doch sind Verbote immer etwas immaterielles, etwas das mit ein wenig Kreativität auch umgangen werden kann. Jemand der unbedingt spielen möchte, findet einen Weg. Daher ist Prävention in Form von Aufklärung der nächsten Generation umso wichtiger. Man braucht Hilfen zum Ausstieg für Menschen, für die aus Spiel ernst wurde. Für alle Anderen heißt es, be carefull, die Dosis macht das Gift.